es sind erst ein paar Momente, die ich auf das Meer starre. Dem immer kleiner werdenden Punkt am Horizont hinterher blickend und dem Wahnsinn, der ganz leise im Inneren meines Kopfes anfängt gegen die Schädeldecke zu pochen, erschreckender Weise gewillt zu sein anheim zu fallen.
Ich kann mich an die letzte Nacht kaum mehr erinnern. Gefeiert hatten wir, wohl. Nicht unseren Sieg, nein als die freiwilligen Verlierer feierten wir die Gemeinschaft und unseren kleinen Sieg für das große Ganze. Die Freunde, die sich fern ab von ihren Lagern und fern ab von ihrer Heimat auf diesem Eiland gefunden haben und etwas wahrlich Unglaubliches vollbracht haben.
War es doch wahrlich Wurst aus welchem Lager der Einzelne war, mit dem man seinen Trunk teilte, weil wir hatten die letzten Tage gemeinsam geschwitzt und geblutet, während die Lager auf den Schlachtfeldern gegeneinander stritten.
Zu tief in den Becher geschaut hab ich wohl. Doch dass ich meinen Verstand am Boden der letzten Flasche versenkt haben musste, wurde mir erst so richtig bewusst, als ich am nächsten Tag völlig allein mitten im Wald jenseits des Baches, am Fuße der Himmelstreppe aufwachte. Die Sonne hatte ihren Zenit schon lange überschritten.
Bei allen Göttern, ich würde mein Schiff verpassen, dachte ich und lief armewedelnd durch den Wald bis an den Ort, wo gestern noch mein Zelt gestanden hatte.
Als ich meinen Lagerplatz völlig verwüstet vorfand, machte ich mir zuerst Sorgen, dass in der Nacht noch etwas Schlimmes passiert sei. Hier sah es aus, als wäre das Zelt des Alchemisten in die Luft geflogen. Ich lief also armewedelnd weiter zum Landungssteg und dort stand ich noch, als die Sonne am Horizont verschwunden war.
Ich hatte nicht nur mein Schiff verpasst. Ich hatte das letzte Schiff verpasst! So was kann auch nur mir passieren. Ich musste zwei oder drei Tage geschlafen haben.
Und warum hatte mich niemand geweckt?
Komm zum Wettstreit haben Sie gesagt, da kannste ne ganze Insel gewinnen, haben Sie gesagt. Ruhm und Ehr, haben Sie versprochen.
Ja, die ganze Insel hab ich wohl für mich allein. Aber was nützt mir das. Könnte ich diese Insel doch eintauschen um noch eine weitere Nacht bei dir zu sein.
Die erste Nacht war reichlich seltsam, liebe Erika.
Ich hab mich in der verwaisten Stadt in einem leckgeschlagenen, umgestürzten Zuber, den man wohl nicht mehr reparieren konnte, niedergelassen. Geschlafen hab ich nur wenig. Bin ich doch seit Jahren nicht mehr wirklich allein gewesen. Immer in Sorge, dass es meinem Herren gut ginge, war ich in seinem Tross nie wirklich alleine. Weil es sorgten sich allerlei gute Menschen um diesen edlen Mann.
Ich bin ihm überall hingefolgt. Sogar als er seine Zelte in der Heimat abbrach, um auf die erste Insel zu reisen. War ich immer an seiner Seite. Aber wie konnte mich der Herr denn nur vergessen?
Er hielt doch immer so große Stücke auf mich! Ich war zwar nur ein einfacher Metzger, aber mein Handwerk schien so überragend zu sein, dass mich der Herr auf seinen Hof bat, damit ich ihm täglich mit meinen Wurstvariationen verwöhnte. Das hätte sich mein Vater nie träumen lassen, dass unsere ‘Grobe Fette’ mal so berühmt werden würde. Das Familienrezept der groben aber fein geräucherten Leberwurst brachte mich nicht nur an den edlen Hof des Freiherrn Quain Wohlgenannt, ohne von und zu, wie er immer scherzte, nein diese Wurst brachte mich noch ans Ende der unsbekannten Welt. Und da sitz ich nun in einem halbumgeworfenen kaputten Zuber und hoffe dass die Mapori mich nicht erwischen.
Der Phönix des Südens hatte zum Wettstreit aufgerufen und ich war meinem Herren Quain Wohlgenannt auch auf die zweite Insel gefolgt. Wenn mancher denken könnte, dass die erste Insel schon seltsam gewesen war, die Zweite schlug im dem Fass im wahrsten Sinne des Wortes den Boden aus. Hab ich ein Glück, dass ich die dritte Insel in diesem Leben nicht mehr erreichen werde.
Ich kann meine Dummheit auch nicht fassen, aber sowas kann auch nur mir passieren. Alleine und Verschollen unter diesen Dreckfressern.