Erzähl es nicht weiter aber dieses Karnickel hat gut geschmeckt. Und das Beste ist, ich hab ein ruhiges Plätzchen gefunden, wo ich fern ab von den Beobachtungen der Mapori ein Feuer machen konnte.
Diese Mahlzeit hätte auch meinen Herren satt und zufrieden gemacht. Karnickel im Kräutermantel mit Nussfüllung auf gebratenen Wurzelgemüse. Die Innereien habe ich zu einer kleinen aber feinen Bratwurst verarbeitet, die ich mit den restlichen Kräutern verfeinert habe. Und die werde ich heute zum Frühstück verspeisen, nachdem ich sie die halbe Nacht im Rauch meines Feuers geräuchert hatte. Und die Knochen und den Schädel werde ich mir nachher auskochen. Mal sehen ob der Wald mir nachher noch ein paar Wurzeln schenkt.
Dann habe ich einen Entschluss gefasst. Nachdem ich nicht vorhabe 1000 Jahre zu warten, bis das nächste Mal jemand mit dem Schiff auf diesen Teil der Insel reist, werde ich entweder das Holzfällergebiet des zweiten Siegers suchen oder die Baumwolleplantagen des dritten Siegers. Nachdem der erste Sieger nicht so gut mit uns konnte, gehe ich davon aus, dass ich nicht über die Handelsstrasse zum Hafen gehen kann ohne dass ich von den dunklen Gestalten der Finsternen aufgehalten werde. Ich kann nur sagen, wie es auf Primum war, da gingen die Kämpfe um jeden Meter der Handelsstrasse weiter.
Ich gehe aber davon aus, dass die Freien sich so schnell wie möglich ihre Anlegestelle ausbauen werden, um ihr sauer verdientes Holz von der Insel zu schaffen. Weil den dünnen Steg, der eigens für den Wettbewerb errichtet wurde, haben die Mapori mittlerweile abgebaut und in den Kreislauf zurückgeführt. Was auch immer das heißen mag.
Ich habe mir überlegt, dass ich an der Küste entlang gehe. Das Blöde ist nur, ich muss dabei das Gebiet der Mapori irgendwie hinter mich bringen. Durchqueren würde ich wahrscheinlich nicht überleben. Deshalb versuche ich es zu umgehen, in dem ich an der Küste bleibe.
Aber vorher muss ich alles zusammenpacken, was sich lohnt mitzuschleppen.
Ich geb die Hoffnung nicht auf, dich eines Tages wieder zu sehen.
Neuer Tag, neuer Mut. Nachdem ich gestern nahezu alle Lagerplätze abgeklappert hatte, auf der Suche nach etwas Essbaren, will ich mich heute tiefer in den Wald wagen. Entgegengesetzt dem Lager der Mapori, ich bin doch nicht bescheuert. Am Ende essen die mich noch, weil sie behaupten ich wäre vom Baum gefallen.
Ich hoffe unbeobachtet einen Fisch zu fangen oder ein Kleintier zu jagen. Weil ich habe nicht vor auf diesem Eiland zu verhungern. Und ich habe auch nicht vor, mich nur noch von Nüssen, Beeren und Wurzeln zu ernähren. Bevor das passiert, esse ich alle Mapori und die Säerin muss dabei zusehen.
Ich sprach ja schon von ihr. Die Säerin. Das erste Zusammentreffen war ziemlich kurz. Wegen dem Papier ist sie ja wieder abgedampft wie eine brennende Furie. Der Vergleich hinkt, die Mapori machen gar kein Feuer. Egal. Ich dachte auch am Anfang sie wäre die Seherin. Das mag zwar auch zutreffen, aber in erster Linie ist sie für das Wachstum verantwortlich. Sie schien mir ziemlich jung, fast schon kindlich. Ich vermag sie kaum einzuschatzen. Manchmal wenn man einfach nur sie betrachtet, wie sie mitten in einer tosenden Schlacht auf dem Boden kniet und umgeknickte Grashalme glattstreicht und sich dann in ihrem Gesicht der gesamte Schmerz beider Welten widerspiegelt, kann man für einen Moment vielleicht erahnen, wie alt sie wirklich ist. Und wäre es nicht genug, steht sie dann auf und geht wieder auf ihren Berg. Und dann hört man stundenlang nichts von ihr.
Aber wenn sie dann von ihren Berg herunter steigt und über die endlosen Wiesen voll Buschwindröschen wandelt, da könnte man schon einen Moment die Zeit vergessen.
Liebe Erika versteh mich nicht falsch. Ich bin nur ein einfacher Metzger, und der Anblick von diesem etherischen Pflänzchen lässt mich zu weilen wahrlich den Faden verlieren.
Erika glaube mir, mein verliebtes Herz gehört nur dir. Und ich sehne mich an den Tag, an dem wir uns wiedersehen können. Morgen schreib ich dir was mir der Tag zu bieten hatte.
Der Morgen des dritten Tages war kalt und einsam, ohne dich.
Was ich bisher nicht schrieb, wie ich dazu komme dir zu schreiben, obwohl ich weder weiß woher du kamst oder wohin du gingst. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mal ob du dich je an mich erinnern wirst, gesetzt des unwahrscheinlichen Falles das dich diese Zeilen je erreichen werden.
Ist doch das Schreiben das Einzige was mich davon abhält bereits am dritten Tag völlig wahnsinnig armewedelnd und schreiend über die Insel zu laufen, in der Hoffnung die Mapori machen meinem Elend ganz schnell ein verfrühtes Ende. Dabei ist es wahrscheinlich das Schreiben was die Mapori mehr erzürnen wird, als das Schreien und Arme wedeln. Gegen das Schreiben an sich hätten sie wahrscheinlich nichts, wenn man es nicht auf Papier täte. Der Besitz von Papier war der größte Frevel den man auf der zweiten Insel unwissender Weise begehen konnte.
Andere würden lachen, aber das Mitführen von Papier hat die geistige Anführerin der Mapori derart aus der Fassung gebracht, dass sie erst wieder mit uns sprach als wir den Schreiberling ins Lager zurück schickten. Wo er dann in aller Eile seine Papiere vergrub, um sich darauf hin auf seiner Hand den ganzen Tag Notizen zu machen, um es dann nachts auf eine alte Schweinehaut zu ritzen.
Und das Erste was ich tat, als mir klar wurde, dass ich für alle Ewigkeit hier festsitzen würde, ich buddelte seinen Papierkram aus und versteckte ihn in meinem neuen Zuhause. Der zerstörte Zuber war nun mein Geheimniswahrer. Und auf Papier liegt es sich wärmer als gedacht.
Der Hunger war es, der mich auf dem großen Platz des Wettbewerbs umhertrieb, in der Hoffnung etwas Essbares zu finden. Ich stocherte im Müll aller Lager und fand zwar einiges Brauchbares, aber nur wenig Essbares. Also führte mich mein Weg in den Wald. Mal sehen ob der Wald mich ebenso ernährt, wie er es bei den Mapori tat.
Ich fand ein paar Nüsse und ein paar Beeren, von denen ich mir sicher war, dass sie mich nicht umbrachten.
Zu guter Letzt fand ich einen dieser Pilze, die auch die Mapori zu sich nahmen und kehrte in mein ärmliches Lager zurück, um dir diese Zeilen zu schreiben, liebste Erika.