Im Hafenbecken schwamm ein Kraken in der Eiseskälte und lugte aus dem Wasser. Man hätte meinen können, er würde die Seemöwe ganz genau im Blick haben.
Es wurden geschäftig Bierfässer auf die Seemöwe gebracht. Hans schrubbte immer noch das Deck und Oberon beaufsichtigte ihn gähnend.
Die Mannschaft der Seemöwe war hart am Arbeiten und der Kapitän stand noch an Land und fachsimpelte mit dem Ignaz. Die Frauschaft der feuchte Hütte stand geschossen und zutiefst traurig am Hafenbecken und wedelten schon mal mit den Taschentüchern zum Abschied.
Die Herta hat sogar eine einsame Träne im Auge. Das würde sie natürlich nie zugeben.
Hans-Peter Mies stand an Deck und blickte zu den Huren hinüber. Der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht. Das würde wiederum er niemals zugeben.
Der Schiffskoch Herbert Santa Maria kam summend an Deck, humpelte zur Reling und warf einen Eimer mit Abfällen ins Wasser. Dann pfiff er die Melodie eines bekannten Liedes und schon begann der Ohrwurm sich durch die Köpfe der Mannschaft zu fressen.
Hans fing an: ‘15 Mann, auf des toten Mannes Kiste!’
Die Mannschaft johlte: ‘Johohoho und 'ne Buddel mit Rum!’
Herbert Santa Maria stimmte ein: ‘15 Mann schrieb der Teufel auf die Liste, Schnaps und Teufel brachten alle um! Ja! 15 Mann auf des toten Manns Kiste’
‘Johohoho und 'ne Buddel mit Rum!’
‘15 Mann schrieb der Teufel auf die Liste, Schnaps und Teufel brachten alle um! Ja! Schnaps und Teufel brachten alle um!’
‘Johohoho und 'ne Buddel mit Rum!’
Der Kraken erbrach sich ins Hafenbecken und wart von dort an nie mehr gesehen.
Drei Krähen saßen neben dem Briefkasten und pickten der toten Krähe die Augen aus.
Der Kapitän saß mit Ignaz draußen auf der Bank und der Kapitän rauchte Pfeife und zeigte auf die Krähen: ‘Und da heißt es immer, dass eine Krähe der anderen kein Auge auspickt!’
Ignaz zog an etwas, was er sich selbst zusammengedreht hatte und keuchte dann hustend: ‘Das hebt den Mann aufs Pferd und die Frau unter’d Erd!’ Dann blickte er auf die Krähen und begann wieder etwas an den Fingern abzuzählen, bis er dann den Mund öffnete und ein ‘Kapitän?’ mit einem Schwall Rauch aus seinem Mund kam. ‘Aye!’ folgte die nächste Wolke aus dem Mund des Kapitän. ‘Zu hegen und zu pflegen sei bereit! Das Töten überlass dem Lauf der Zeit!’ ‘Wieso?’ frug der Kapitän und zog noch ein paar Messer aus seiner Weste. ‘Alle guten Dinge sind drei!’ ‘Weil zwei Krähen sind immer da. Eine Krähe bringt nicht lange Glück. Aber drei Krähen sind ein böses Omen.’ ‘Pah, böses Omen! Der Mann spinnt sein eigenes Seemannsgarn und steht dabei an Land!’ rief der Kapitän. ‘Ich sitze und Katze an Bord, glück geht fort!’ salbaderte Ignaz und hob den Finger. ‘Waschen macht krank und elend! Und dennoch hab ich dich schon baden sehen, Ignaz Flötzinger.’
Herta kam aus der Hütte und meinte: ‘Auf die Größe kommts nicht an, nur krumm und bucklig muss er sein!’ ‘Damit er überall anstößt.’ rief Pandora, die Herta nach draußen gefolgt war und machte eine Handbewegung in dem sie mit der Hand ein ‘L’ formte und es dann kippte und grinste: ‘Aber. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.’ Petra Hacke kam hinterher und meinte: ‘Sonst kommt man vom Regen in die Traufe!’ Dann gab sie der Pandora ihr Nähzeug zurück und maßregelte sie: ‘Langes Fädchen, faules Mädchen!’ Der Doni tauchte in der Tür auf und trällerte in seiner eigenen manchmal seltsamen zuckersüßen Art: ‘Wenn Arscherl brummt, ist's Herzerl g'sund.’ Die Pertra gab dem Doni einen Keks und der Kapitän nahm einen Stein vom Boden auf und warf ihn nach den Krähen. ‘Wer nachts mit Steinen wirft, kann den eigenen Bruder töten.’ kam eine schnarrende Stimme von hinter der Hütte her. ‘Wenn man vom Teufel spricht!’ meinte Pandora, verdrehte die Augen, fing an zu zittern und fuhr dann in einer anderen Stimme fort. ‘Iss und trink mit deinem Bruder, aber habe keine Geschäfte mit ihm.’
Der Briefkasten fiel um und begrub die drei Krähen unter sich.
Die Krähen lachten immer noch und flogen ihre Kreise über der feuchten Hütte.
Oberon sprang von einem Bein aufs Andere und schimpfte wie ein Rohrspatz. ‘Diese Mistviecher. Scheißen überall hin.’ Und schon flog etwas von oben herab und ihm direkt ins Auge.
Der Kapitän kam wieder aus der feuchte Hütte getreten und hatte den Hans im Schlepptau. ‘Da hat sich jemand gerade freiwillig gemeldet. Er möchte bis morgen Mittag das Deck schrubben, sonst wieder er kielgeholt.’ Oberon rieb sich sein Auge und blickte seinen Kapitän mit dem anderen Auge scheel an. ‘Was hat er denn nun wieder ausgefressen?’ ‘Hans hat laut gedacht!’ Oberon rieb sich immer noch das Auge und murmelte mehr zu sich, als zu seinem Kapitän: ‘Jetzt wäre denken bestimmt nichts Schlechtes.’ ‘Das hab ich gehört!’ blökte der Kapitän. ‘Ich mein ja nur! Es ist doch nichts Schlechtes, wenn sein Kopf nicht nur eine Abdeckung ist, damit es ihm nicht in den Hals regnet.’ Jetzt murmelte der Hans lauter als gewollt: ‘Sagt der, der alle Bolzen de Kapitäns verschossen hat und der einzige Treffer geht auf das Konto der Krähen!’ Der Kapitän schlug dem Hans auf den Hinterkopf und räusperte sich dann: ‘Oberon?’ ‘Aye Kapitän!’ rief Oberon und versuchte die Armbrust hinter seinem Rücken zu verstecken. Der Kapitän blickte auf den leeren Köcher und meinte dann: ‘Und wieder hat sich wieder jemand freiwillig gemeldet. Da hat heute Nacht noch jemand Schiffsdienst, Oberon. Du beaufsichtigst Hans beim Deckschrubben.’ Hans versuchte so lautlos wie möglich zu verschwinden, doch der Kapitän packte ihn am Ohr. ‘Und fürs Petzen, sucht der liebe Hans meine Bolzen!’ ‘Ja, aber!’ ‘Jetzt schlägts aber 13!’ schrie der Kapitän so laut, dass es dem Hans seine Wollmütze vom Kopf fegte. ‘Nichts aber und widersprich nicht immer deinem Kapitän!’
Die Krähen landeten wieder auf dem Briefkasten, der Kapitän zog seinen Dolch und warf nach den Krähen. Er traf eine der beiden Krähen und in dem Moment als diese eine Krähe tot vom Briefkasten fiel, tauchten am Waldrand zwei neue Krähen auf.